| Nach Meinung des Finanzgerichts München ist der Lebensmittelpunkt bei einer Familie mit Kindern dort, wo sich die Familie überwiegend gemeinsam aufhält. Ist dies der Beschäftigungsort, scheidet eine doppelte Haushaltsführung aus. |

Sachverhalt

Ein Arzt hatte eine neue Praxis eröffnet und in der Nähe auch eine Wohnung angemietet. Diese bezog er mit seiner Ehefrau und den minderjährigen Kindern. Das Einfamilienhaus am bisherigen Wohnort wurde beibehalten und von der Familie weiterhin – aber nicht überwiegend – genutzt. Der Arzt machte Aufwand für eine doppelte Haushaltsführung geltend, was das Finanzamt und das Finanzgericht München ablehnten.

Eine doppelte Haushaltsführung liegt nur vor, wenn der Steuerpflichtige außerhalb des Ortes, an dem er einen eigenen Hausstand unterhält, beruflich tätig ist und auch am Ort der beruflichen Tätigkeit wohnt. Befindet sich am Beschäftigungsort zugleich der Lebensmittelpunkt, scheidet eine doppelte Haushaltsführung aus.

Die Entscheidung über den Lebensmittelpunkt erfordert eine Würdigung aller Umstände des Einzelfalls. Indizien können z. B. sein: die Ausstattung und Größe der Wohnungen, die Dauer des Aufenthaltes am Beschäftigungsort sowie die Zahl der Heimfahrten. Von erheblichem Gewicht ist, zu welchem Wohnort die engeren persönlichen Beziehungen (z. B. soziale Kontakte und Vereinszugehörigkeiten) bestehen.

Nach Ansicht des Finanzgerichts München ist für eine Familie mit Kindern der Lebensmittelpunkt regelmäßig dort, wo die Pflege und Erziehung der Kinder erfolgt. Bei schulpflichtigen Kindern wird eine entsprechende Verortung maßgeblich durch den Schulbesuch, ggf. auch durch besondere Freizeitaktivitäten bestimmt. Wenn Eltern und Kinder ihr Alltagsleben gemeinsam am Ort der Beschäftigung der Eltern führen, kann daher dem Unterhalt einer weiteren Wohnung außerhalb des Beschäftigungsortes in der Regel nur der Charakter einer Zweit- oder Ferienwohnung zukommen.

Beachten Sie | Gegen diese Entscheidung ist die Revision anhängig. Diese hatte das Finanzgericht München zugelassen, weil das Finanzgericht Berlin-Brandenburg in einem ähnlichen Fall anders entschieden hat. Hier waren zwei der drei Kinder am Beschäftigungsort zur Schule gegangen, was jedoch nicht zwingend zur Annahme eines Lebensmittelpunkts am Beschäftigungsort führt. Vielmehr überzeugten die Richter andere Indizien, wie z. B. die regelmäßigen Heimfahrten, der Vergleich der Wohnqualität beider Wohnungen und die Hobbys am Heimatort.

Quelle | FG München, Urteil vom 23.9.2016, Az. 1 K 1125/13, Rev. BFH Az. VIII R 29/16, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 190948; FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 9.3.2016, Az. 7 K 7098/14